Bühne 1: Dekanat Karlstadt
Ökumenische Segensfeier zu St.Valentin. Das Paar steht vor mir. Offene, erwartungsvolle Gesichter. Welche Geschichten, welche Träume und Scherben sie wohl in sich tragen? Ich lege meine Hände auf ihre Schultern und spreche ihnen den Segen zu. Edelsteinmomente, heilige Zeit.
Tage danach im Arbeitszimmer: Ich aktualisiere die Mail-Liste der Ehrenamtlichen. 350 Personen sind im Verteiler - was für ein Schatz in unserer Kirche! Manche Anrufe entwickeln sich zu längeren Gesprächen. Ich freue mich über ermutigende Erfahrungen aus den Gemeinden. Ärger wächst in mir, wenn ich vom Frust engagierter Christen höre, die sich nicht ernstgenommen fühlen oder ausgebremst werden. Heimatlos in der eigenen Gemeinde. Nur Klagen bringt nichts. In der Wut stecken Energien und Visionen. Manchmal kann ich mich in den Konflikt vor Ort einmischen, Rückenstärkung anbieten. Zukunftsaufgabe: Frustrierte für Projekte in anderen Räumen gewinnen.
Für den Oster-Rundbrief bastle ich an der neuen Veranstaltung „Brot-Zeit“. Dahinter steckt das niederschwellige Angebot für einen Männerabend. Treffpunkt Gastwirtschaft: Eine Stunde geht es inhaltlich zur Sache, danach die Brotzeit und ein oder zwei Bierchen. Mögliche Themen: „Die zweite Halbzeit entscheidet - Strategien für Männer ab 40“ oder „König, Krieger, Liebhaber und Magier - die vier Stärken des Mannes“. Erste Kontakte sind schon geknüpft - auch zu ökumenischen Mitveranstaltern. Konfessionelle Mauern sind ein Auslaufmodell.
Bühne 2: Webergasse Aschaffenburg, EFL-Stelle
Da ist die Frau, die vor mir sitzt. Sie hat eine verletzende Gewalterfahrung im Gepäck und in ihrer Ehe herrscht das große Schweigen. Da ist der Mann, der in seiner Familie das schwarze Schaf ist. Er trägt so viel Hass in sich und immer noch die Sehnsucht, anerkannt zu sein. Da ist das Paar, das eingeschnürt ist zwischen beruflichem Stress und anstrengenden Kindern. Das Paarzimmer in ihrem Ehehaus ist eine Abstellkammer geworden. Sie sehnen sich nach Raum zu zweit und erotischem Knistern.
Psychologisches Handwerkszeug ist wichtig. Die Grenze zur Seelsorge ist oft fließend. Viel ist gewonnen, wenn Klienten die Erfahrung machen: „An-Sehen schenkt Ansehen“. Dahinter steckt meine Knack-Stelle in der Bibel: „Er schaute hinauf“ (Lk 19,5). Es ist der entscheidende „Augen-Blick“ ohne Worte, mit dem Jesus noch vor seiner Einladung zum Besuch dem Zachäus zusagt: „Du bist mir grade recht. Du bist wer. Trau deiner neuen Freiheit.“ Jericho ist überall.
Bühne 3: Staatliche Realschule Gemünden
Der Religionsunterricht beginnt. Seit diesem Schuljahr fange ich jede Stunde mit einem bewussten Einstieg an: Ein Gebet, inspiriert aus der frischen Lektüre der Morgenzeitung, eine achtsame Körperübung, eine humorvolle Geschichte, das Pressefoto des Jahres, ein Symbol zum Kirchenjahr ..... Die Schüler der siebten, achten und zehnten Klasse sind gespannt und lassen sich gerne überraschen. Manchmal entwickelt sich aus dem Beginn eine ganze Schulstunde. Diese Freiheit nehm ich mir. Manchmal klingelt es und alle schauen erstaunt auf die Uhr. Es ist ein Privileg, junge Menschen auf ihrem Weg, die Welt zu entdecken, begleiten zu dürfen. Und Gott ist mittendrin. Ich arbeite gern mit Kunstwerken und Musik von Liedermachern bis Rock und Pop. Eine meiner unerwarteten Berufserfahrungen: Je älter ich werde, desto mehr macht Schule Spaß.
„Was ich noch zu sagen hätte ...“
Seelsorge ist Gastfreundschaft. Ich setze heute nur in etwas anderer Form um, was ich in der elterlichen Gastwirtschaft gelernt habe. Pastoralreferent zu sein ist meine Leidenschaft. Begonnen hat alles in der KJG in Kleinostheim. Die andere Leidenschaft ist meine Frau Edith, die den Beruf mit mir teilt, und mit der ich drei wunderbare Söhne habe. Gute theologische Bücher sind mir eine Quelle der Inspiration. Meine aktuelle Empfehlung: „Flirten mit Gott. Warum Christsein Sinnlichkeit und Leidenschaft braucht“ von Christoph Quarch und „Das offene Gastmahl“ von Jörg Zink.
Ich liebe den Süden Frankreichs, das schönste Licht der Welt, das Blau des Meeres und die Bilder von Matisse und Chagall. Auf meine kleine Canon und meine Gitarre kann ich nicht verzichten. Im Himmel wird es Musik geben von Francis Cabrel, Stephen Duffy und Mumford & Sons.
Stand: Ostern 2013 Kontakt: burkhard.fecher@bistum-wuerzburg.de