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Pastoralreferent Christoph Hippe

„Eine schöne neue Erfahrung“

„Dunkelgottesdienst“ der DPSG im Kilianeum-Haus der Jugend – Aktion im Rahmen des bundesweiten Aktionsmonats „Sehbehindertensonntag“

Würzburg (POW) Das flackernde Licht einer Kerze weist den Weg zu meinem Sitzplatz. Ansonsten ist es in den Räumen des Dunkelcafés im Kilianeum-Haus der Jugend in Würzburg stockfinster. Mit gespitzten Ohren warte ich darauf, dass der „Dunkelgottesdienst“ beginnt. Es gehe nicht darum, Blindheit zu simulieren, hatte Thorsten Langner, Bildungsreferent beim Diözesanverband Würzburg der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), zuvor erklärt: „Es geht darum, dass man den Gottesdienst mit anderen Sinnen wahrnimmt. Nicht nur mit den Augen, sondern mit den Ohren.“ Rund ein halbes Dutzend Neugieriger wird dieses Angebot am Pfingstmontag, 6. Juni, wahrnehmen. Es ist die erste Veranstaltung im Bistum Würzburg im Rahmen des Aktionsmonats „Sehbehindertensonntag“, der bis zum 30. Juni in ganz Deutschland stattfindet.

Aus dem Dunkel kommt die Stimme von DPSG-Diözesankurat Pastoralreferent Christoph Hippe. „Gott, lass uns deine Gemeinde sein, wo jeder jedem vertraut, wo jeder dem anderen hilft, wo jeder den anderen schätzt“, eröffnet er die Wort-Gottes-Feier. Gemeinsam hören wir das Lied „Ubi caritas“. Wenn Hippe mit der Technik hantiert, wird ab und zu ein schmaler Lichtstreifen sichtbar. Irgendwo rechts knarzt ein Stuhl. Ich habe keine Ahnung, wie groß der Raum ist oder wo die anderen Menschen sitzen. In der Bibel gebe es häufig Stellen, die von Menschen erzählen, die krank sind oder körperliche Schwierigkeiten haben, sagt Hippe. Er erzählt die Geschichte, wie Moses von Gott nach Ägypten geschickt wird, um das Volk Israel aus der Sklaverei zu führen. Erst weigert sich Moses mit der Begründung, er könne nicht gut reden. „Aber Gott stellt ihm Hilfe an die Seite, seinen Bruder und einen Stab.“ Auch uns stelle Gott Unterstützung an die Seite, und ebenso könnten wir Unterstützung für andere sein.

„Ihr findet unter Eurem Stuhl einen Stab“, fordert Hippe auf. Mit den Füßen angele ich ihn hervor. Er ist ein wenig länger als mein Unterarm. Das Holz fühlt sich trocken und etwas rau an. Ich spüre etliche kleine und auch einen größeren Aststummel. Ein Ende fühlt sich rissig an, als habe man es erst angesägt und dann abgebrochen. Während wir unseren jeweiligen Stab befühlen, spricht Hippe weiter: „Wann habe ich als letztes einen Stab zur Unterstützung gebraucht? Welche Menschen unterstützen mich, und wo kann ich anderen Unterstützung sein?“ Ein Lied, das gemeinsam gesprochene Vaterunser, noch ein Lied, dann ist die halbstündige Feier auch schon vorbei. Jemand öffnet die Tür. Auf dem Stuhl zu meiner Linken sehe ich eine junge Frau. Ich hatte keine Vorstellung, dass wir zwar mit Abstand, aber doch relativ nahe beieinander sitzen. Den Raum hatte ich mir auch viel größer vorgestellt.

„Es war etwas ganz anderes, wenn man den Gottesdienst nur mit den Ohren wahrnimmt“, erklärt eine Frau nach der Feier. „Sonst ist man ja mit Gucken beschäftigt. Es war eine schöne neue Erfahrung.“ Es sei gar nicht so einfach gewesen, die Wort-Gottes-Feier vorzubereiten, sagt Hippe. Schon die Liedauswahl sei nicht einfach gewesen. „Welche Lieder kennen die Leute?“, habe er sich gefragt. Letztlich waren alle so mit Zuhören und mit der Dunkelheit beschäftigt, dass kaum jemand mitgesungen hat. Aber eines steht für das Vorbereitungsteam jetzt schon fest: „Wir wollen das auf alle Fälle wieder machen.“

Weitere Veranstaltungen zur Aktion „Sehbehindertensonntag“

Eine Domführung speziell für Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung bietet die Dombesucherpastoral am Donnerstag, 23. Juni, um 17 Uhr im Würzburger Kiliansdom an. Sie steht unter der Überschrift „Den Dom mit allen Sinnen ,begreifen‘“. „Die Größe und Schönheit des Raumes, seine künstlerische Ausgestaltung und die christliche Botschaft, die dahinter steckt, werden bei dieser Führung nicht visuell, sondern über die anderen Sinne vermittelt“, heißt es in der Einladung. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldung bis Montag, 20. Juni, bei der Dominfo, Domstraße 40, 97070 Würzburg, Telefon 0931/38662900, E-Mail information.dom@bistum-wuerzburg.de.

Unter der Überschrift „Mit anderen Augen sehen“ steht ein „Gottesdienst mit allen Sinnen“ in Zusammenarbeit mit dem Blindeninstitut Würzburg am Sonntag, 26. Juni, um 17 Uhr in der Kirche Sankt Adalbero im Würzburger Stadtteil Sanderau. Interessierte sind eingeladen, den Gottesdienst mit Hilfe einer Simulationsbrille mitzufeiern. „So können Sie neue Wahrnehmungserfahrungen machen und sich besser in die Situation von sehbehinderten Menschen einfühlen“, heißt es in der Einladung.

sti (POW)