Würzburg (POW) Neuland betreten und andere Wege auftun: Bei Pastoralreferentin Andrea Kober-Weikmann zieht sich das wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Nach fast 26 Jahren als Diözesanfrauenseelsorgerin, 18 Jahren als Verantwortliche für die Zielgruppenseelsorge des Bistums Würzburg und außerdem zehn Jahren an der Spitze der Erwachsenenverbände geht sie Ende September in den Ruhestand. „Ich war immer sehr pragmatisch im Umgang mit den Menschen. Es gibt viele Freiheiten, die Gemeinschaft der Christen zu organisieren. Entscheidend sind die Menschen vor Ort, nicht allein die Hauptamtlichen, die ja zunächst einmal gläubige Christen wie die anderen auch sind“, sagt sie. Das klingt, als habe sie schon viel erreicht, sehe aber auch noch Luft nach oben.
Gemeint ist damit aber nicht allein das Thema Frauen und Kirche, dem sich Kober-Weikmann seit Anfang der 1990er Jahre widmet. Als Pastoralassistentin trat sie nach dem Theologiestudium 1984 in den Dienst des Bistums und war im Würzburger Umland in Pfarreien eingesetzt. 1991 wechselte Kober-Weikmann ins Würzburger Kilianshaus. Dort war sie als Diözesanfrauensekretärin bei der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) aktiv. „Das Thema liegt mir schon immer sehr am Herzen. Es geht um die Frage der Gleichstellung, aber auch um die Förderung von Frauen und um familienfreundliche Arbeitsbedingungen.“
1994 wurde Kober-Weikmann Diözesanfrauenseelsorgerin. „Auch wenn ich in meinen verschiedenen Aufgaben immer viel zu planen und zu organisieren hatte: Ich bin vor allem gerne Seelsorgerin.“ Aus dieser Motivation heraus sei auch eines ihrer ersten Projekte der Frauenseelsorge entstanden, erzählt sie. Sie habe im nahen Umfeld erlebt, wie schwer die neue Lebenssituation für eine junge Witwe ist. Deswegen habe sie, quasi als „Versuchsballon“, ein Angebot für diese Zielgruppe gestartet. „Dass die Resonanz dann derartig groß war, hat mich wirklich überrascht.“ Nach und nach sei das Angebot der Trauerpastoral weiter ausgebaut und differenzierter geworden. „Die Erfahrung hat gezeigt, wie wichtig ein geschützter Raum ist, damit Menschen sich öffnen und über ihre Probleme sprechen.“ Aber auch rein spirituelle Angebote zum Kirchenjahr seien immer gefragt gewesen. „Die Frauenseelsorge war es auch, die schon Ende der 1970er Jahre das bis dahin in der Seelsorge vernachlässigte Thema der Alleinerziehenden in den Blick genommen hat.“ Mit Begeisterung erzählt Kober-Weikmann zudem vom „Frauenfrühstück“. Dieses Format habe es quer durch das gesamte Bistum möglich gemacht, Angebote für Frauen zu ermöglichen, ohne dass die Teilnehmerinnen dadurch Familienzeit opfern mussten.
Auch beim Thema Verbände ist Kober-Weikmanns Begeisterung zu spüren. „Jeder einzelne der Erwachsenenverbände, ob Ackermann-Gemeinde, Familienbund der Katholiken, Deutsche Jugendkraft (DJK), KAB, Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB), Katholische Landvolkbewegung (KLB) oder Kolping, zeigt, dass die Stimme der Kirche in der Gesellschaft wichtig ist und Menschen sich aus ihrem Glauben heraus engagieren, auch und gerade in Bereichen, die die Kirche allgemein so nicht im Blick hat.“ Zum Beispiel bei Kolping und KAB die Ausbildung oder die Arbeitswelt, beim Landvolk die Dorfentwicklung und der Agrarbereich und natürlich nicht zuletzt die DJK in den Sportverbänden. „Jeder der dort Engagierten trägt das christliche Wertebewusstsein in die Gesellschaft hinein“, ist sich Kober-Weikmann sicher. So würden die Verbandsstrukturen auch der allgemeinen Pastoral helfen. „Beispielsweise resultierte die große Teilnehmerzahl bei den Familienwallfahrten nach Assisi und Lourdes – neben der unbestrittenen Leistung der Diözesanbüros – nicht zuletzt aus dem vielfach bewährten Kommunikationsinstrument, das die Verbandsstrukturen zur Verfügung stellen.“
Auch weit über die Bistumsgrenzen hinaus war Kober-Weikmann aktiv. Seit 2011 gehörte sie dem Deutschen Komitee des Weltgebetstags der Frauen an. „Ein großartiges ökumenisches Projekt“, wie sie findet, „und ganz nebenbei die größte ökumenische Bewegung weltweit. Über Konfessions- und Ländergrenzen hinweg setzen sich Frauen mit Bildung, Spenden und Gebet dafür ein, dass Menschen dazu befähigt werden, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Und das immer auf Augenhöhe mit den Menschen, die unterstützt werden.“ Apropos: Auch sie selbst verdanke ihren Vorgesetzten viel. „Mein erster Chef in der Gemeindepastoral, die KAB-Präsides oder die Leiter der Hauptabteilung Seelsorge: Sie haben mich immer mit viel Ver- und Zutrauen gewähren lassen.“ Unter anderem war Kober-Weikmann die erste Frau mit Leitungsaufgaben im Kilianshaus.
Für den Ruhestand plant sie jetzt mehr Zeit für Konzerte und Fahrten zu Opern. Aber auch dem Lesen schöner Literatur will sie sich wieder verstärkt widmen und, sobald es wieder ohne Einschränkungen möglich ist, einen längeren Aufenthalt in Italien absolvieren. Und was die Seelsorge im Bistum angeht, fragt sie: „Wäre die eine oder andere Änderung wirklich ein Sakrileg?“
Zur Person:
Andrea Kober-Weikmann, Jahrgang 1955, begann 1983 als Pastoralpraktikantin in Eltmann. Als Pastoralassistentin wirkte sie ab 1984 in Kürnach und Estenfeld, nach der Zweiten Dienstprüfung im Jahr 1989 in Kürnach, Burggrumbach, Ober- und Unterpleichfeld. 1991 wechselte sie als Pastoralreferentin zur Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung der Diözese Würzburg. 1991 wurde sie Diözesanfrauensekretärin bei der KAB, im Jahr 1994 übernahm sie die Aufgabe der Pastoralreferentin für die Frauenseelsorge in der Diözese Würzburg. 2002 wurde sie Bereichsleiterin für Zielgruppenseelsorge mit Altenheimseelsorge, Katholischem Senioren-Forum, Frauen- und Männerseelsorge, Ehe- und Familienseelsorge, Familienbund sowie Familienbildungs- und Begegnungshaus Sankt Michael in Bad Königshofen. 2010 übernahm Kober-Weikmann die Bereichsleitung der Erwachsenenverbände Ackermann-Gemeinde mit Vertriebenenseelsorge, DJK, KAB mit Betriebsseelsorge, KDFB, KLB mit Ländlicher Familienberatung sowie Kolping. Überdiözesan gehört sie seit 2011 dem Deutschen Komitee des Weltgebetstags der Frauen an und ist seit 2013 Beauftragte für den Arbeitskreis Kirche und Sport der Deutschen Bischofskonferenz und den Landesarbeitskreis Kirche und Sport der katholischen Kirche. Seit 2014 ist sie außerdem Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Frauenseelsorge Bayern, seit 2017 Mitglied der Mitgliederversammlung Frauenseelsorge in den Deutschen Diözesen.
mh (POW)