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Pastoralreferent Lorenz Hummel

Hier wird seit 25 Jahren zugehört

Gesprächsladen in Schweinfurt feiert Jubiläum – Einrichtung am Marktplatz seit Eröffnung von mehr als 41.000 Personen besucht

Schweinfurt (POW) Ob beruflicher Stress oder Trauer, Probleme in der Familie, Schwierigkeiten mit der Arbeit oder Geldsorgen: Wer einfach einmal jemanden braucht, der ihm zuhört, ist hier willkommen. Am Montag, 10. Juni, jährt sich die Eröffnung des vom Bistum Würzburg getragenen Gesprächsladens Schweinfurt zum 25. Mal.

Das Jubiläum wird mit einem Festabend bereits am Mittwoch, 5. Juni, gefeiert. Mehr als 41.500 Besucher haben die Einrichtung seit der Eröffnung im Jahr 1999 genutzt, fast 26.000 intensivere Beratungsgespräche wurden seither geführt. Bis 2020 war die Einrichtung am Schweinfurter Roßmarkt zu finden, jetzt ist sie in Sichtweite des Rückert-Denkmals am Schweinfurter Marktplatz zuhause. Über 50 Frauen und Männer haben im Laufe der Zeit im Gesprächsladen ehrenamtlich mitgearbeitet. Aktuell sind davon noch zwölf im Dienst.

Einziger Hauptamtlicher ist Pastoralreferent Lorenz Hummel. Er übernahm im September 2020 die Leitung von Pastoralreferent Robert Bundschuh, erster Leiter des Schweinfurter Gesprächsladens, als dieser in den Ruhestand ging. „Wir bieten personenzentriertes Zuhören. Einen therapeutischen Ansatz haben wir nicht“, betont Hummel. Wenn sich im Gespräch aber zeige, dass weitere Hilfe notwendig sei, gebe es eine gute Vernetzung mit entsprechenden Fachstellen in Schweinfurt und Umgebung.

Die Ehrenamtlichen, acht Frauen und vier Männer, haben oftmals Vorerfahrungen im Zuhören aus ihrem beruflichen Umfeld und haben sich zusätzlich in seinem Gesprächsführungskurs für ihre Tätigkeit qualifiziert. Angelika Schwaab ist eine von ihnen. Die dreifache Mutter managt die Zahnarztpraxis ihres Mannes und qualifiziert sich aktuell psychotherapeutisch weiter. „Es macht mir Spaß, dass ich hier anderen etwas zurückgeben kann“, erklärt sie ihre Motivation.

Vier neue Mitarbeiter kommen laut Hummel im Sommer in den Gesprächsladen. Die Zahl der Teilnehmenden am aktuellen Gesprächsführungskurs sei größer, er schaue aber, wer zur Aufgabe und ins Team passe. Wer nicht genommen werde, sei aber für andere Tätigkeiten wie Krankenhaus oder Besuchsdienste gut gerüstet.

Zu Hummels Aufgaben zählen unter anderem das Betreuen der Homepage, das Erstellen der Dienstpläne und die Vernetzung in die Stadt und den Pastoralen Raum hinein. Ein- bis zweimal pro Monat haben die Ehrenamtlichen in den Räumen am Marktplatz Dienst. „Es gibt gelegentlich auch einmal Leerlauf. Damit muss man genauso umgehen können wie mit den Themen, die mitunter durchaus belastend sein können“, sagt Hummel. Zum Teil mehr als 20 Jahre sind einige Frauen und Männer schon dabei. „Andere sind zusammen mit Robert Bundschuh in ‚Rente‘ gegangen.“

Seinem Vorgänger sei er sehr dankbar, betont Hummel. Er sei zuvor viele Jahre in verschiedenen Regionen in der Seelsorge gewesen, ehe er das „gemachte Nest“ des Schweinfurter Gesprächsladens übernommen habe. Bundschuh habe zusammen mit Ehrenamtlichen während des Lockdowns sogar die Renovierung der Räume am Marktplatz größtenteils in Eigenleistung gestemmt.

Neben dem Eingangsbereich mit dem großen Schaufenster gibt es zwei Räume für Einzelgespräche und einen Gruppenraum im Gesprächsladen. Dort finden neben den regelmäßigen Treffen und Supervisionssitzungen des Teams auch Gruppengespräche für Interessierte statt. Beispielsweise treffen sich Trauergruppen. Außerdem gibt es das so genannte Ladengespräch, bei dem jeweils ein wechselndes Thema in der Gruppe besprochen wird. „Da geht es dann zum Beispiel um ‚Wer redet, ist weniger allein‘ oder ‚Bestimmung und Sinn im Leben‘“, erklärt Hummel. Sogenannte Kraftschöpfabende laden ein, sich etwas von „Geschichten und Märchen, die guttun“ oder beim „Singen für die Seele“ bestärken zu lassen.

Seit Beginn gibt es regelmäßig mindestens zwei Kunstausstellungen pro Jahr in den Räumen des Gesprächsladens. Was ursprünglich eine Notlösung war, um trotz fehlenden Etats eine künstlerische Ausstattung zu bekommen, ist jetzt integraler Bestandteil. Viele Menschen interessierten sich für die Werke, kämen deswegen erstmals in den Laden und wagten es dort schließlich, über etwas zu reden, was sie beschäftige, erklärt Hummel.

Wie die Statistik zeigt, sind mit mehr als 45 Prozent Menschen im Alter von 60 bis 69 Jahren die Mehrheit der Besucher im Gesprächsladen, gefolgt von der Gruppe von 50 bis 59 (24,4 Prozent) und der Altersklasse 40 bis 49 (elf Prozent). Nach unten und nach oben dünnen sich die Anteile dann wieder deutlich aus. „Die wenigen jungen Leute, die zu uns kommen, werden meist zu uns geschickt, zum Beispiel von Bestattungsinstituten oder Hausärzten“, sagt Hummel. Der Gesprächsladen sei im besten Sinne diakonisch tätig: „Wenn jemand eine (seelische) Not hat, bekommt er bei uns sofort Hilfe. Nur zehn Prozent der Leute, die zu uns kommen, machen zuvor einen Termin aus. Es gilt, was auf der Visitenkarte steht: vertraulich, unbürokratisch, kostenfrei.“

Manche Besucherinnen und Besucher kämen regelmäßig. Zum Beispiel eine Frau, der die Gespräche helfen, ihre Ängste im Zaum zu halten. „Sie ist periodisch intensiver präsent.“ Aber auch seelsorgerliche Themen seien gefragt. Hummel und zwei Frauen sind in geistlicher Begleitung qualifiziert. Natürlich kämen mitunter auch Personen vorbei, die einfach auf die Kirche schimpften. „Manche erklären dann aber, dass die erlebte Kirche ihren Glauben nicht erschüttert.“ Drei bis viermal pro Jahr informierten sich auch Besucher darüber, wie sie wieder in die katholische Kirche eintreten können. Relativ neu ist das Friedhofscafé , bei dem von März bis November am Hauptfriedhof einmal im Monat Trauernde untereinander und mit einem Trauerbegleiter ins Gespräch kommen können – an einem Lastenfahrrad, das an der Aussegnungshalle Kaffee und Kuchen anbietet.

Großes Erstaunen begegne Hummel und seinem Team immer wieder, wenn Besucher am Ende des Gesprächs nachfragten, wer eigentlich das Angebot des Gesprächsladens finanziere. „Ich sage dann immer: Sie, sofern sie Kirchensteuer zahlen.“ Was Hummel sich für die kommenden 25 Jahre der Einrichtung wünscht? „Dass es uns weiterhin gibt, dass sich hier Ehrenamtliche engagieren und dass Menschen, die hierher kommen, das richtige Angebot zur richtigen Zeit finden.“

Der Gesprächsladen am Schweinfurter Marktplatz, Markt 20, hat montags bis mittwochs von 10 bis 14 Uhr sowie donnerstags und freitags von 14 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Erreichbar ist er telefonisch unter 09721/207955, per E-Mail unter info@gespraechsladen-schweinfurt.de sowie im Internet unter www.gespraechsladen-schweinfurt.de.

Wer am Mittwoch, 5. Juni, um 18.30 Uhr in der Casa Vielfalt, Sankt-Anton-Straße 8 in Schweinfurt, das Jubiläum des Gesprächsladens mitfeiern möchte, wird gebeten, sich bis Mittwoch, 29. Mai, im Gesprächsladen anzumelden. Bei der Veranstaltung gibt der kanadische Autor Ulrich Schaffer eine Lesung zum Thema „Sehnsucht nach Nähe. Der Wunsch, angenommen, geschätzt und geliebt zu werden“. Im Anschluss ist Raum für Begegnung, Gespräche und zum Feiern.

Text: Markus Hauck (POW)